Tonholz und PR
Tonholz - Dies und Das
Mein letzter Umbau einer Gitarre mit laminated Body - auf deutsch "Sperrholz / Schichtholz" - lässt mir keine Ruhe.
Laut dem Leitgedanken "Was Schwingt - das Klingt" , scheint mein letzter Umbau der Aria Mad Axe alle physikalischen Gesetze zu sprengen und hat mich dazu bewogen, hier nochmals auf die Problematik Tonholz einzugehen.
Die History:
Alle Musikinstrumentenbauer haben in der Vergangenheit auserwählte Tonhölzer verwendet. Akustik-Instrumenten-Bauer verwenden auch heute wenn möglich sehr langsam gewachsene Hölzer, wie z.B. aus den Höhenlagen der Bergregionen, da diese schmale Jahresringe besitzen und sich ganz besonders für den (Akustik-) Instrumentenbau eignen. Oftmals wurden aber auch Vogelaugen-Ahorn als Decke, Zarge, Hals oder Boden verwendet - weil Ahorn ein Klangholz ist, die Brillianz des Tones beeinflusst und auch noch gut aussieht. Buchsbaum, Rosenholz und Ebenholz waren wegen ihrer hohen Festigkeit und ihrem geringen Abrieb gute Hölzer für Griffbrett, Wirbel und Saitenhalter. Daher verwendet man auch heute noch im Gitarrenbau diese Hölzer.
Mein Gitarrenbaumeister Mathias erwähnte oft genug, wie schwierig es sei, gutes Tonholz mit bester Qualität zu beschaffen - und nebenbei was das dann kostet - um eine gute Konzertgitarre zu bauen.
Auf meine Frage, welches denn nun das beste Korpusholz für eine E-Gitarre sei, zuckte er mit den Schultern und meinte - "Eigentlich uralte Fichte - aber warum nutzt das kein E-Instrumentenbauer von Heute?"
Die Antwort fand sich schnell - weil diese auserwählten Hölzer ab einer bestimmten Güte einfach zu teuer sind und sich für eine maschinelle Produktion wegen ihrer "Langfaserigkeit" nicht so gut eignen. Des weiteren klingen diese Hölzer "zu gut". Alle Schwingungen müssten mit hohem Aufwand (wie im Konzertgitarrenbau) lokalisiert und eleminiert werden.
Also vervendet man heute für den Body Hölzer, die schon eine gewisse Dämpfung erzeugen und sich gut mit Maschinen und Fräsern bearbeiten und problemlos lackieren lassen. Weiterhin, übertragen dämpfende Hölzer relativ wenig Schwingungen auf die Tonabnehmer, die der Saite entgegenwirken könnten.
Typisches Beispiel: Leo F@nder suchte und verbaute anfänglich in seinen Gitarren nur Hölzer, die billig zu beschaffen und gut verarbeitbar waren. Obwohl bereits ein berühmter Gitarrenhersteller (goßes G) bis dahin Decken aus Ahorn und Mahagony für den Korpus verwendete, entschied sich F für billiges Holz. Nun musste nur noch dem musikalischen Klientel begründet werden, warum man ausgerechnet Esche oder gar die so billige Pappel nahm. Wer sucht der findet - und so wurde das Gewicht und andere Beweggründe für die PR in den Raum geworfen - und die Leute ham`s gefressen.
Der Zufall spielte dann noch eine große Rolle, als ein paar Instrumente, hergestellt aus Sumpfeschehölzern, auch noch gut klangen.
Gehen wir nochmals zu dem Anfangsleitgedanken zurück. Wenn man ein Xylophon oder Cello aus Sumpfesche oder gar Pappel bauen würde - wie würde das wohl klingen? Für ein reines akustisches Instrument absolut ungeeignet.
Warum klingt dann aber eine Sperrholzgitarre gut? Etliche Gitarrenbauer haben für ihre elektromagnetisch abgegriffenen Gitarren seit geraumer Zeit verschiedenste Materialien - auch erfolgreich - eingesetzt. Von Plexiglas bis hin zu Aluminium wurde alles getestet.
Und was für eine Rolle übernehmen bei einem Neck-Through-Body (durchgenender Hals) die angeleimten Flügel? Bei diesem liegen nämlich zwischen Griffbrettende und Steg etliche Fräsungen, die den Schwingungsfluss unterbrechen. Da halten die angeleimten beiden Bodyseiten den durchgehenden Hals in Form, damit die Gitarre nicht in der Mitte durchbricht.
Ein schönes Beispiel ist eine Silent-Gitarre. Diese besitzt nur Hals, durchgehend von der Kopfplatte bis zum hinteren Gurtknopf. Allerdings verzichtet man hier auf die Fräsungen für Tremolo und Pickups - sonst würde diese die Saitenspannung nicht aushalten.
Aber eine E-Gitarre mit Floydr@se- , 3 Stk Tonabnehmer- und rückseitiger Federzugkastenfräsung ist ein einziges Lochgewitter im Holz dann kommt schon die Frage auf - wo schwigt es noch?
Wichtig ist:
- ein gutes Holz für den Hals - wobei die seitliche Biegesteifigkeit nicht unbedingt zu Vorteil des Klanges sein muss.
- Schichtverleimte Hälse sind seitlich Biegesteifer und klingen daher anders
-
aufgeleimte Griffbretter aus verschienen Hölzern beeinflussen das Schwingen des Halses und damit den Klang
(selbst F@nder verleimt auf ihren Ahornhälsen teilweise ein Griffbrett aus gleichem Material mit gedrehter Faserrichtung) - eine feste Halsbefestigung, die die Eigenschwingungen und das "Kippen" des Halses an der Verbindung verhindern sind A & O
- eine satte Halsauflage in der Halstasche mit wenig seitlichem Spiel bringt Sustain - also auch Shims vermeiden
- Bodyhölzer mit einer hohen Dichte oder auch schwere Schichtverleimte klingen brillianter
- auch harte Decken und Böden (dichtes Ebenholz & Ahorn) tragen scheinbar die Schwingungen und klingen heller
- eine satte Verleimung der verwendeten Hölzer ohne Lufteinschlüsse beinflussen den Klang
-
der Halswinkel (am Bodyübergang) trägt erheblich zur Klangeigenschaft des Instrumentes bei
(daher wird eine Gibs@n keine Fe@nder und umgekehrt) - auch einheimische Hölzer wie Birne, Pflaume und bestimmte Kirscharten klingen richtig gut und werden mittlerweile von einheimischen Gitarrenbauern "wiederentdeckt" - sicher auch wegen der schwierigen und teuren Einfuhr von Edelhölzern - ich selber besitze eine F@ndernachbau aus Kirsche - echt super - auch die Optik
Fazit:
Fakt ist, verfolgt man die Preise der "Edelgitarren", teilweise aus Ebenholz und Hondurasmahagony gefertigt - wird einem schwindlig.
Also macht man richtig PR + Werbung und versucht, die "Billighölzer" teuer zu verkaufen.
ps. Wer eine richtig gut klingende Gitarre haben möchte, schaut mal bei Mathias Heerwagen auf die Seite. Da wird `ne Samick mit Goldhardware - Body echt Bubinga-Tropenholz massiv angeboten - da Schwingt es echt. Andere, dem Geschmack entsprechende Tonabnehmer rein und die Post geht ab - nur das leidige Spagat mit dem Gewicht muss man verkraften - der Gitarrengurt sollte schon etwas breiter sein. Antesten lohnt sich!
Wer also eine Gitarre besitzt und mit dem Klang, dem Sustain oder der Brillianz nicht zufrieden ist, sollte als erstes alle Eventualitäten ausschließen, die zu ungewollten Dämpfungen oder Nebengeräuschen führen können. Nicht immer ist das Bodyholz dran schuld.
- Den Klang / das Sustain nur unverstärkt und mit neuen Saiten prüfen
- auch die Saitenstärke ist für das Schwingen des Tones verantwortlich - stärkere oder dünnere mal probieren
- einmal den Tonabnehmerabstand zur Saite vergrößern (Dämpfung durch Magnetismus ausschließen)
- vergleiche nie Äpfel und Birnen - also "F" und "G" , jeder Typ kann nur so klingen, wie er konstruiert ist.
- auch nach kraftschlüssigem Sattel und Tremolo sehen - hier kann viel verlohren gehen, Tremolo zum Test ruhig mal fixieren
- bei verleimten Hälsen nach eventuellen Rissen suchen
- bei Rasselgeräuschen - Halskrümmung, Tremolo (auch Federn), Sattelkerbentiefe, Pickguard prüfen
Sollten hier im akustischen Test keine Fehler mehr festgestellt werden und die Gitarre klingt immer noch nicht, würde ich sagen - da helfen dann auch keine neuen teueren Anbauteile.
Die letzten fünf Bilder - typische Kopfplatten:
- 1 - Kopfplatte der Aria Pro II Mad Axe. Abgewinkelte Kopfplatte (10°) für Floydsystem mit Goldhardware - 6 in Reihe und Klemmsattel. Um Halsbrüchen vorzubeugen wurde die Kopfplatte sehr weit in Richtung Griffbrett in Höhe des 2 Bundes angeschäftet.
- 2 - typische gerade Kopfplatte einer Musima Leadstar im F@nderdesign mit 19mm Versatz, um den Andruck der Saiten auf den Sattel zu erhöhen, mit vintage Chromhardware, 6 Stk. in Reihe und 2 Stk. polierten Saitenniederhaltern. Die Mechaniken sind so angeordnet, dass die Saiten auf der Kopfplatte absolut paralell verlaufen.
- 3 - die 13° abgewinkelte Kopfplatte der Ibanez Custom Agent mit umlaufendem Binding lehnt sich an das Gibs@ndesign an, die vergoldeten Mechaniken sind in 3 : 3 - Form angeordnet. Die aufwendig gearbeiteten Pearl-Intarsien zieren herrlich das Dacal.
- 4 - die Ovation-Breadwinner-Kopflatte, mit 11° - Winkel und Schaller M6 Mechaniken - hier zur Gewichtsreduzierung aus Nylon, in 3 : 3-Form angeordnet. Der Hals und die Kopfplatte bestehen aus einem längsseits mehrfachverleimten Stück (Mahagony), die Kopfplatte hat für E-Gitarren die untypische Ovation-Form.
- 5 - ein mehrschichtig durchgehender Hals mit abgewinkelter Kopfplatte und Halsbuckel "der Volute" zur Versteifung des sehr schmalen Halsüberganges einer Gitarre im Jackson-Stil mit klemmsattel für Floyd-Tremolo.