Wilesco D16 von 1989
Die Wilesco D16 - Dampfmaschine meines Sohnes
Wie schon erwähnt, fiel mir auf dem Speicher die Dampfmaschine meiner Kinder in die Hände. Sie hatten diese wohl damals vor 25 Jahren auf den Boden gestellt, weil sie keine Verwendung mehr für das Spielzeug hatten.
Als ich den Karton öffnete, sah ich, dass diese in einem jämmerlichen Zustand war. Teilweise Rost an den Blechteilen, der Nickel war grau-grün und Öldreck auf der ganzen Maschine - sie tat mir einfach leid - besser wurde sie hier oben bei der Feuchtigkeit mit Sicherheit nicht.
So nahm ich den Karton mit in die Wohnung und sah mir die Old-Smoke mal genauer an.
Als ich mir das Häufchen Unglück so betrachtete, wollte ich die Dampfmaschine eigentlich bei Eb@y vertickern.
Als ich aber dort sah, dass eine neue D16 ca. 220,-€ kostet, habe ich mich Kurzerhand entschlossen, die alte zu restaurieren.
Was mir bevorsteht wusste ich noch nicht. Jedenfalls stellte ich fest, das der Steuerschieber fest war und als ich am Schwungrad mit etwas Kraft drehen wollte, fiel das eine Teil aus der Führung und das andere steckte noch drinnen.
So nahm ich die komplette Maschine auseinander. Schön das es da von Wilesco ein Werbevideo auf youtube gibt, auf dem man gut nachvollziehen kann, wie eine Dampfmaschine zusammengebaut wird. Hier sieht man unter Anderem, dass man die Dampfleitung unter dem Dampfventil ablöten muss, um den Antrieb demontieren zu können.
Auch sieht man, dass der Kurbeltrieb auf die Antriebswelle geschraubt ist und wie die Verbindungen und der Kessel gelötet wird.
Also - wer mal etwas an einer Wilesco reparieren muss, der sollte sich dieses Video anschauen.
Beim Auseinandernehmen des Antriebteiles merkte ich, dass die Kolben-Schieber-Steuer-Stange - die ja noch im Gehäuse saß - so fest war, dass ich mit dem Teil auf die Werkbank und diese mit Gewalt austreiben musste.
Der ausgedrückte Steuerschieber sah aber nicht gerade gut aus - viele tiefe Riefen - scheinbar ist die Maschine mal ohne Öl gelaufen - und war mit Sicherheit nicht mehr dicht. So nahm ich eine 6,5mm Reibahle und begradigte die Schieberführung im Inneren. Nun konnte ich aber auch kein originales Ersatzteil mehr bestellen, da dieses ja durch die jetzt größere Bohrung nicht mehr passen würde. Also drehte ich aus einer alten Wasserhahnspindel aus Messing das neue Teil (Siehe Bild rechts).
Die Schieberführung und der Schieber wurden mit Schleifpaste gehohnt, so dass beides leichtgängig ineinander passte. Zu beachten ist hier, dass sich beide Teile um ca. 100 GradCelsius erhitzen und immer noch leicht laufen müssen.
Bei dieser Gelegenheit, bakam die Schiebersteuerung gleich einen neuen Exzenterring (1,50€ - sitzt hinter dem Kurbeltrieb), weil dieser doch schon ganzschön eingelaufen war und sehr viel Spiel hatte. Die Teile wurden in diesem Arbeitsgang natürlich alle gereinigt und beim Zusammenbau gefettet. Nun war der Antrieb wieder einbaufertig.
Als Nächstes ging es an die Grundplatte. Diese wurde mit Bremsenreiniger entfette und an den paar Roststellen mit dem Dremel und einer weichen Messingbürste gereinigt.
Den Aufkleber wollte ich nicht zerstören und wärmte ihn mit einer Heissluftpistole an, und zog ihn ersteinmal auf Trenn-Folie auf.
Die kleinen Lackfehler retuschierte ich mit einem passenden KFZ-Lackstift. Zum Schluss lackierte ich die gesamte Platte mit farblosen Lack.
Jetzt musste der Kessel und das Kesselhaus wieder poliert werden. Das Kesselhaus reinigte ich mit einer weichen Drahtbürste in der Bohrmaschine - die Alu-Teile (Laufsteg) mit einer harten Nylonbürste. Das Blech sah danach wie neu aus - keine Kratzer - im Gegenteil - es sah irgendwie gealtert aus. Das liegt warscheinlich am Abrieb der Drahtbürste und macht sich wirklich gut. Danach lackierte ich die Blechteile mit farblosen (- 800°C) Auspuff- oder Ofenlack, weil dieser etwas mehr Hitze verträgt.
Beim Kessel selbst ging das nicht so einfach. Auf den Nickel wollte ich nicht mit einer Bürste gehen, um Kratzer zu vermeiden. Hierfür nahm ich eine in die Ständerbohrmaschine eingespannte Lappscheibe aus Baumwolle mit Schleif- und Polierpaste versetzt. Hiermit bekamen alle vernickelten Teile wieder einen tollen Hochglanz.
Die Brennerschieberführung (Bild oben Grundplatte), die doch etwas Keim von den Spiritus-Trocken-Tabletten angesetzt hatte, wurde mit einer Edelstahlbürste gereinigt, damit der Brennerschieber wieder leichtgängig einzuführen war. Den Brennerschieber brannte ich mit einem Lötbrenner so aus, dass nur noch die Verkohlung der Brennstofftabletten übrig war. Nun konte dieser auch problemlos mit einer Edelstahlbürste gereinigt werden.
Zu beachten:
der Brennerschieber und dessen Führung sind aus V2A-Stahl - zum Reinigen keine normale Drahtbürste sondern eine Edelstahlbürste verwenden - sonst rostet dieser.
Außerdem - den Schieber nach der Benutzung herausnehmen und auf eine feuerfeste Unterlage stellen, damit dieser nicht "festbäckt". Nach dem Erkalten kann dann der Brennerschieber wieder in die Führung geschoben werden.
Ein kleines Problem gab es mit der Scheibe für den Wasserstand. Diese war mit Kesselstein belegt und man konnte dadurch schlecht hindurchsehen. Meine Kinder hatten wohl blankes Leitungswasser zum Betreiben verwendet. Normalerweise mische ich Destilliertes Wasser mit 3-5% Leitungswasser.
Außerdem sah das unschön aus, so dass ich die Glasscheibe fast eine Woche lang in Essig zu liegen hatte. Trotzdem konnte ich nicht den gesamten Grauschleier entfernen - selbst mit einem scharfen Ceran-Schaber nicht - aber man konnte zumindest wieder hindurchsehen.
Nun konnte die Dampfmaschine wieder Komplettiert werden.
- Als erstes montierte ich den Kessel in das Kesselhaus und richtete diesen sauber aus.
- Dann montierte ich das Kesselhaus auf die Grundplatte. Im Film von Wilesco sieht man gut, wie die Blechteile befestigt werden - einfach mal ansehen.
- Als nächstes musste die Antriebseinheit komplettiert werden. Dabei ist zu beachten, dass beim Aufschrauben auf die Grundplatte alle beweglichen Teile parallel zueinander stehen. Die Löcher sind vom Hersteller ziemlich großzügig in die Platte gebohrt worden, so dass man viel Spielraum hat. Pleuelstange und Schiebersteuerung sollten wenn möglich so genau ausgerichtet werden, dass ein Kippen oder Schränken der Pleuellager verhindert wird. Die Lagerböcke für das Schwungrad müssen rechtwinklig zu der Kolbenhubachse stehen. Wenn dies beachtet wird, läuft die Maschine auch dementsprechend ruhig und die Lager haben weniger Verschleiss.
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Nun geht es an die Dampfleitung.
Vor der Montage der Antriebseinheit, sollte als erstes das Dampfregulierventil (mit Handrad) auseinandergenommen werden. An der Unterseite, wo die Leitung eingelötet wird, nimmt man einen 3,5mm Bohrer in die Hand und bohrt das alte überschüssige Lötzinn aus - die Späne natürlich danach gewissenhaft entfernen. Dann das Regulierventil mit der Kontermutter aber ohne Ventil-Spindeleinsatz an der Antriebsplatte mit befestigen.
Die Dampfleitung selbst, wird im ausgebauten Zustand angewärmt, bis das Lötzinn flüssig wird und mit einem Reinigungsfließ - man kann auch einen Topfkratzer verwenden - sauber gemacht. Es dürfen keine Rotznasen mehr zu sehen sein. Nun probiert man, ob sich die Leitung zügig in die einzulötende Bohrung schieben lässt. Ist das nicht der Fall, Rohr nochmals reinigen bis es passt. Auf keinen Fall die Löthülse über 3,5mm aufboren - das Dampf-Rohr von Wilesco hat genau diese Dimension. -
Jetzt geht es ans Löten.
Wer sich das nicht zutraut, sollte zu einem Spezi gehen und ihn bitten. Hier gibt es nämlich einiges zu beachten.
Zuerst die Dampfleitung ordentlich und spannungsfrei in die Bodenplatte und am Kessel befestigen. Nun die Dampfmaschine kopfüber auf eine geeignete Unterlage stellen, die nicht kippeln kann. Ich habe mir schnell aus ein paar Brettern einen passenden U-Montagebock zusammengeschraubt, auf der die Maschine sicher lagert. Man sieht auf der Unterseite im Loch der Grundplatte, wo die Leitung eingelötet werden muss. Ich streiche den zu lötenden Bereich der Dampfleitung mit Flussmittel aus der Sanitärtechnik ein und stecke sie in die zu lötende Muffe. Vorsicht - nicht zu viel Flussmittel verwenden - wenn dieses beim löten durchläuft kann das die Leitung verstopfen oder das Ventil schließt dann nicht mehr dicht.
Als Lötzinn verwende ich Heisstemperaturlot (270°C) aus der Sanitärtechnik. Kein Lötzinn aus dem Elektronik-Bereich verwenden, diese haben geringere Schmelztemperaturen und können sich bei hoher Temperatur und Druck lösen.
Zum Löten verwende ich (weil ich als Klempner eins habe) ein Wiederstandslötgerät. Natürlich geht auch ein entsprechend großer Lötkolben oder ein Gasfeinlötgerät. Man muss beim Flamme-Löten nur aufpassen, dass nicht der Lack der Grundplatte verbrennt - also ringsherum Abdecken bzw. Abkleben. Die Muffe wird jetzt so lange erwärmt, bis sich Blasen bilden. Jetzt vorsichtig versuchen Lötzinn hinzuzufügen. Erst wenn sich das Lötzinn selbständig in die Muffe saugt und der Ringsplalt voll geschlossen ist - erst dann ist die Lötung vollzogen.
Ich weise hiermit ausdrücklich hin, dass ich keinerlei Haftung für Fehlhandlungen und dessen Folgen übernehme - ich gebe hier rein meine Erfahrungen wieder. Wer des Lötens nicht sicher ist, sollte zum Fachmann gehen!
So - nun ist es vollbracht - die Dampfmaschine ist wieder komplett und wurde noch etwas modifiziert. Wenn man die Bilder vorher / nachher anschaut kann man sagen - es ist alles machbar und hat sich gelohnt - nicht wiederzuerkennen, dass das die Maschine auf dem ersten Bild ist. Ich habe sicherheitshalber die Maschine im Wasserbad bei ca. 6,0 Bar abgedrückt - man weiß ja nie, wer mal in Zukunft damit spielt. Nach dem Testlauf wurde sie nochmals mit einem weichen Tuch gereinigt.
Heute steht die noch nachträglich mit Manometer, Domdampfpfeife + Sicherheitsventil mit Gewicht und schönem altem Kamin einer Wilesco-Sonder-Edition aus den 60-er Jahren modifizierte Dampfmaschine bei mir im Regal - auch zur Freude meiner Besucher.